Grundsteuerreform - Ich bin gestolpert!
Veröffentlicht von Alexander Kerle, Immobilienkaufmann, Chemnitz in Immobilien: Gesetzte, Steuern und öffentliche Abgaben · Mittwoch 22 Feb 2023
Tags: Grundsteuer, Grundsteuerreform
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Grundsteuererklärung - Stolperfalle Wohnflächen
Der bisherige Einheitswert einer Immobilie, ist künftig der Grundsteuerwert. Wer seine Grundsteuererklärung bereits abgegeben hat, erhält Feststellungsbescheide zum Grundsteuermessbetrag und über den Grundsteuerwert.
Der Grundsteuerwert für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie für vermietete Häuser und Wohnungen und für Wohneigentum wird im Ertragswertverfahren ermittelt. Neben dem jeweiligen Grundstückswert (Bodenrichtwert) spielen im Ertragswertverfahren die Kaltmiete, Wohnfläche und das Gebäudealter eine wesentliche Rolle.
In Chemnitz ist eine Kaltmiete von 11,36 € / m² für eine z.B. 50 m² große Wohnung (Baujahr 2001) weit weg von der im hiesigen, 2022er Mietspiegel ausgewiesenen Basismiete (6,26 €/m²) und fern jeder Realität. Dennoch scheint sie dem Gesetzgeber plausibel, er hat sie (irgendwie anders) statistisch ermittelt. Für die neue Grundsteuer spielt es daher keine Rolle, wie viel Kaltmiete tatsächlich erzielt wird oder oder welche Miethöhe ortsüblich ist.
In Anlage 39 zu § 254 Bewertungsgesetz sind die Kaltmieten nach Wohnungsgrößen und Baujahresklassen der Gebäude festgesetzt, dazu gibt es (statische) Korrekturfaktoren in Mietniveaustufen von 1 bis 7, gem. der Verordnung zur Einstufung der Gemeinden in eine Mietniveaustufe.
Mitentscheidendes Ausfüllerkriterium bei den Grundsteuererklärungen sind Gebäudealter und Wohnfläche. Auch bei Mehrfamilienhäusern ist die Anzahl der Wohnungen mit „unter- bzw. mit von- / bis- Flächen“ anzugeben. Kleine (Angabe-) Unterschiede mit großer Wirkung zeigen nachfolgende Beispielrechnungen zum Mietertrag auf Grundlage dieser statistisch ermittelten Kaltmiete:
Eigentumswohnung in Chemnitz, Wohngebäude, Baujahr vor 1949 vs. (Kern-) Sanierung 1998:
(fiktives Gebäudebaujahr 1948) 59 m² x 7,74 € = 456,66 € -45,67 € = Mietertrag /Monat 410,99 €
Wohngebäude in Chemnitz mit 8 Wohnungen vs. mit 4 Wohnung, bei je 400 m² Wohnflächevs.
(fiktives Gebäudebaujahr 1948) 60 m² x 6,10 € = 366,00 € -36,60 € = Mietertrag /Monat 329,40 €
vs.
(fiktives Gebäudebaujahr 1998) 59 m² x 10,24 € = 604,16 € -60,42 € = Mietertrag /Monat 543,74 €
vs.
(fiktives Gebäudebaujahr 1998) 60 m² x 7,94 € = 476,40 € -47,64 € = Mietertrag /Monat 428,76 €
(8- Familienhaus, Bj. 1998) = 8 x 51 m²
408 m² x 10,24 € = 4.177,92 € -417,79 € = Mietertrag /Monat 3.760,13 €
vs.
(4- Familienhaus, Bj. 1998) = 4 x 102 m²
408 m² x 5,80 € = 2.366,40 € -236,64 € = Mietertrag /Monat 2.129,76 €
Merke!
Ein Einfamilienhaus und Wohnungen in einem Zweifamilienhaus verfügen idealerweise über eine Wohnfläche zwischen jeweils 60 und 99 m².
Eigentumswohnungen (und Mietwohnungen) sind idealerweise über 100 m², jedoch möglichst nicht unter 60 m² groß.
Grundsteuererklärung - Stolperfalle fiktives Baujahr
Baujahr des jeweiligen Gebäudes:
Als Baujahr gilt nicht die Bauabnahme sondern das Jahr der Bezugsfertigkeit, also das Jahr ab dem das Gebäude erstmals bestimmungsgemäß genutzt werden konnte.
Bei Wohngebäuden die vor 1949 erstmalig bezugsfertig waren genügt diese Angabe, eine konkrete Baujahresangabe entfällt. D.h. im Hinblick auf die Grundsteuerreform, dass Gebäude die vor 1949 errichtet wurden den gleichen Mietertrag erwirtschaften und zwar unabhängig von deren Zustand.
Kernsanierung
Eine Kernsanierung verlängert die Restnutzungsdauer eines Gebäudes und führt zu einem neuen, fiktiven Baujahr. Dies erhöht den Grundsteuerwert des Gebäudes.
Kernsanierung bedeutet, dass der Zustand des Gebäudes nach erfolgter Sanierung nahezu dem eines Neubaus entspricht. Dazu muss auch der Rohbau eines Gebäudes mindestens teilweise erneuert worden sein. Eine Kernsanierung wird insbesondere angenommen, wenn Dacheindeckung, Fassade, Innen- und Außenwände, Fußböden, Fenster, Innen- und Außentüren und sämtlichen technischen Systeme wie Heizung und alle Abwasser-, Elektro-und Wasserleitungen erneuert wurden.
Eine Kernsanierung wurde vermutlich nur in wenigen Fällen tatsächlich durchgeführt. Einzelmaßnahmen sind keine Kernsanierung und auch die Summe von Einzelmaßnahmen muss keine Kernsanierung sein. Dies wohl vor allem dann nicht, wenn sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgt sind.
Zum selbst beantworten: Kann ein privater Immobilieneigentümer (als solcher ist er Laie) einschätzen, ob eine Kernsanierung tatsächlich stattgefunden hat?
Haftungsausschluss: Das Geschriebene sind persönliche Schlussfolgerungen des Autors. Diese Informationen dienen lediglich zur Information. Sie stellen keine Handlungsanweisung, insbesondere keinerlei Steuer- und / oder Rechtsberatung dar und können solche Beratungen auch nicht ersetzen. Dafür konsultieren Sie bitte Ihren Steuerberater und / oder Ihren Rechtsanwalt!